Fukier

 

Der erste Vertreter der Augsburger Kaufmannsdynastie, der sich im Jahre 1515 in Warschau ansiedelte, war Georg Fugger. 1530 wurde er wegen seiner schlechten polnischen Sprachkenntnisse vom König von der Verpflichtung entbunden, städtische Ämter zu bekleiden. Bereits damals wurde sein Name zu „Fukier” polonisiert. Die Familie Fukier trug das Wappen der zwei Lilien – im goldenen und blauen Feld – das ihnen 1473 von Kaiser Friedrich III. verliehen worden war. Eine Bestätigung ihres Wappens und damit die Anerkennung ihres Adelstitels (Indigenat) in Polen erfolgten allerdings erst 1681.


Im 19. Jahrhundert ging Florian Fukier (1772–1836), Sohn von Antoni Wit, Burggraf von Schloss Mielnik, und der in Hobgard in der Zips geborenen Ungarin Rozalia Hobgard-Cyrbus in die Geschichte der Hauptstadt Polens ein. Denn 1805 erwarb Florian Fukier von Florian Kilian eine Weinstube und 1810 ein Haus auf dem Marktplatz der Warschauer Altstadt, das seither den Erbbesitz der Familie bildete und ebenso wie die Weinstube vom Vater auf den ältesten Sohn weitervererbt wurde.


Im Haus am Warschauer Altstadtmarkt befand sich bis 1939 ein Weinlokal mit einem erlesenen Weinlager, das als eines der ältesten der Welt galt (die Fukiers besaßen sogar Weine aus dem beginnenden 17. Jahrhundert). Das Weinlager wurde 1939 von den deutschen Besatzern beschlagnahmt. Nach dem Krieg baute der letzte Nachfahre der Dynastie, Henryk Maria Fukier (1886–1959), das zerstörte Haus wieder auf, das jedoch bald darauf verstaatlicht wurde. Henryk Fukier erhielt es nicht zurück und verstarb 1959 ohne Nachkommen. Die Familientradition blieb dennoch im Namen des während der Volksrepublik Polen staatlichen Weinlokals „U Fukiera” („Bei Fukier“) erhalten. Bis heute befindet sich in dem historischen Gasthaus ein privates Restaurant dieses Namens. (TWŚ)

„Im August 1915 wurde Warschau von bayerischen Truppen eingenommen. Sie marschierten bei Morgengrauen in die Stadt ein, gleich nachdem die Weichselbrücken gesprengt worden waren. Oberbefehlshaber der Truppen war der Fürst Leopold von Bayern, ein Bruder des Königs. Ein paar Tage später besuchte Fürst Leopold zusammen mit seinem Gefolge das Weinlokal. Die Gäste besichtigten neugierig die alte Weinstube und interessierten sich für die Geschichte unseres Unternehmens sowie der Familie Fukier, die ja auch aus Bayern stammte. Da ich mich vorbereitet hatte, konnte ich die gewünschten Erklärungen liefern. Am Ende seines Aufenthalts trugen sich Fürst Leopold und sein ganzes Gefolge im Gästebuch ein. Damit begannen zahlreiche Besuche von Ausländern. Bald darauf kam auch Generalgouverneur von Beseler mit seinem gesamten Stab in die Weinstube, und danach besuchte uns fast die gesamte Zivilverwaltung.”
Henryk Maria Fukier, Wspomnienia staromiejskie (Altstädtische Erinnerungen), Warschau 1996, S. 126–127.

 

„[…] Ein unvergesslicher Abend – der Empfang des PenClubs zu Ehren von Thomas Mann, wo die gesamte Creme der Literaten, versammelt in der Weinstube bei einem Glas Wein, den berühmten Gast empfing. Wie war ich Jarosław Iwaszkiewicz dankbar dafür, dass er dies in Berlin bei seiner offiziellen Rede (die wir in der Presse zu lesen bekamen) erwähnte! Ich freute mich so, dass er an diesen stimmungsvollen Abend in der Weinstube erinnerte, der anlässlich des Besuches dieses berühmten deutschen Schriftstellers stattfand!”
Henryk Maria Fukier, Wspomnienia staromiejskie, Warschau 1996, S.140.
 

 

Florian Fukier, Warschauer Weinhändler, Ratsherr, Wohltäter

 

Fukier-Haus mit Weinlager am Altstadtmarkt, 1920er Jahre. NAC

 

Der Fukier-Keller Ende des 19. Jahrhunderts. TWŚ

 

Der Fukier-Keller Ende in den 1930er Jahren. TWŚ

 

Thomas Mann mit polnischen Schriftstellern (u.a. Juliusz Kaden-Bandrowski, Kazimierz Wierzyński, Jan Lechoń, Julian Tuwim) in der Weinstube Fukier,...

 

Henryk Maria Fukier, letztes Mitglied der Familie altstädtischer Weinhändler in seinem Haus am Altstadtmarkt, 1936. NAC

 

Henryk Maria Fukier in seiner Wohnung, 1950er Jahre. MHW