Kenig / König

 

Ist ein altes Adelsgeschlecht (Reichsadel), welches Anfang des 17. Jahrhunderts mit dem Fürstentum Braunschweig verbunden war. Schloss Vienenburg bei Goslar ziert das Familienwappen. In den achtziger Jahren des 18. Jahrhunderts ließen sich Mitglieder der Familie auf polnischem Grund nieder. Zuerst siedelten sie sich im Gebiet um Wieleń (preußisches Gebiet der ersten Teilung Polens) an, in Warschau sind sie seit 1839 ansässig. Anfänglich war die Familie evangelisch-augsburgisch, ab 1831 dann römisch-katholisch.

Teofil Fryderyk Wilhelm Kenig (geboren 1785 nahe Wieleń, gestorben 1831 in Płock) war zur Zeit des sogenannten Kongresspolens Generalschatzmeister der Woiwodschaft Płock und Mitglied der „gerechten und vollkommenen Freimaurerloge Płock“. Mit seiner Frau Józefa geb. Romanowska (verw. Sławęcka) hatte er drei Söhne und zwei Töchter. Teofil fühlte sich als Pole, gebrauchte eine polonisierte Form seines Namens und zog seine Kinder nach polnischer Kultur auf. Beigesetzt wurde er auf dem evangelisch-augsburgischen Friedhof in Płock. 

Eine Berühmtheit im Warschauer Umfeld war Józef Teofil Konstanty (geboren 1821 in Płock, gestorben 1900 in Warschau), Sohn von Teofil und Józefa. Er besuchte das Sankt Anna-Gymnasium in Krakau und studierte Philologie an der Jagiellonen-Universität. 1839 wurde er in Warschau sesshaft, wo er eine Stelle als Gerichtsreferendar antrat. Innerhalb kurzer Zeit wählte er jedoch den Beruf des Journalisten, der ihn weit mehr interessierte und ihm nach einigen Jahren große Anerkennung und Respekt in Kreisen der Warschauer Intelligenz einbrachte. 30 Jahre lang (1859-1889) war er Chefredakteur der „Gazeta Warszawska“(„Warschauer Zeitung“). Als Journalist verfasste er Kunst-, Theater- und Musikkritiken sowie Kommentare zu aktuellen politischen Ereignissen. Darüber hinaus übersetzte er französische und englische Dramen. Er war Mitglied der Städtischen Delegation von 1861 und wurde während des Januaraufstands unter Polizeigewahrsam gestellt. Sein öffentliches Engagement – er gehörte bürgerschaftlichen Komitees an und war Mitglied der Warschauer Budget-Kommission – zeichnete ihn aus. Er war mit dem Stadtpräsidenten Sokrates Starynkiewicz befreundet und wurde gegen Ende seines Lebens zum Vorsitzenden des Komitees der Pfandbriefbesitzer der Warschauer Ländlichen-Kreditgesellschaft gewählt. Er war passionierter Kunstsammler, gehörte in jungen Jahren zur sogenannten Warschauer Bohème. Józef Teofil Konstanty war mit Salomea geb. Palińska verheiratet, mit der er drei Kinder hatte: Józefa Salomea, Stanisław Jan und Maria. Er wurde auf dem Powązki-Friedhof beerdigt. Eine Tafel zu seinen Ehren hängt in der Karmeliterkirche an der Krakowskie Przedmieście-Straße im Zentrum Warschaus.

Salomea Kenig geb. Palińska (geboren 1831 in Warschau, gestorben 1873 ebenda), Ehefrau von Józef Teofil Konstanty, wurde als Sara Ryfka Adelschon in eine Kaufmannsfamilie jüdischen Glaubens geboren. 1844 wurde sie in Warschau getauft. Sie war eine der herausragenden dramatischen Schauspielerinnen der Warschauer Staatstheater, konkurrierte mit Helena Modrzejewska um den Titel „Erste Tragödin Warschaus“. Von 1851 bis 1855 trat sie auch in Litauen und Galizien auf. Außerdem betätigte sie sich als Übersetzerin von Theaterstücken. Sie wurde ebenfalls auf dem Powązki-Friedhof beerdigt.

Jan Ignacy Florian Kenig (geboren 1822 in Płock, gestorben 1880 in St. Petersburg), Sohn von Teofil und Józefa geb. Romanowska, durchlief eine Ausbildung am Ingenieurs-Korps in St. Petersburg und war Mitglied des Ingenieur-Teams, das die erste Eisenbahn im Russischen Reich entwickelte. Er war erst Direktor der Nischni Nowgorod-Eisenbahnlinie (Moskau – Nischni Nowgorod), danach der Mikołajewski-Eisenbahnlinie (Moskau – St. Petersburg). Außerdem war er Mitglied verschiedenster Eisenbahn-Organisationen und arbeitete im Bereich der Entwicklung des Eisenbahnwesens im Königreich Polen eng mit Jan Bloch zusammen. Er erarbeitete sich den Rang eines ordentlichen Staatsrates und erhielt viele Auszeichnungen, z.B. den Orden des Heiligen Stanisław 1. Klasse. Beerdigt wurde er auf dem katholischen Friedhof in St. Petersburg. Im Jahr 2012 finanzierte die Eisenbahnbehörde in Nischni Nowgorod ein Denkmal für Jan Ignacy Florian Kenig.

Stanisław Jan Kenig (geboren 1864 in Warschau, gestorben 1926 in Żychlin), Sohn von Józef und Salomea geb. Palińska, war Industrieller und Chemiker. Er war Mitbesitzer der Chemiefabrik „Leski und Kenig“ in Struga bei Warschau und der Fabrik „Zwoliński und Czerniewicz“ in Pustelnik bei Warschau, dem größten Glockengießer-Unternehmen im russischen Besatzungsgebiet. Er wurde auf dem katholischen Friedhof in Żychlin beigesetzt.

Józefa Salomea Kenig/ Keniżanka (geboren 1857 in Warschau, gestorben in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts), Tochter von Józef und Salomea geb. Palińska, war unverheiratet, Patenkind von Juliusz Kossak und Schülerin von Alexander Świętochowski. Als Amateurin gab sie sich ihrer Leidenschaft – dem Gesang – in dem von ihr mitgegründeten Warschauer Chor „Lutnia“ („Laute“) hin. Sie schenkte der Warschauer Musikgesellschaft einige mit Stanisław Moniuszko – einem Freund ihrer Eltern – in Verbindung stehende Familienerinnerungsstücke.

Marian Mieczysław Kenig (geboren 1895 in Warschau, gestorben 1959 ebenda), Sohn von Stanisław Jan und Matylda geb. Zwolińska, war Sozialist und Absolvent der Technischen Hochschule in Lwów (Lemberg). Er kämpfte im ersten Weltkrieg (als Mitinitiator des Obersten Polnischen Militärkomitees in Russland, das sogenannte Naczpol) und im Dritten Schlesischen Aufstand. Er war Kapitän der Polnischen Armee und aktives Mitglied der Polnischen Sozialistischen Partei. Er war in genossenschaftlichen Organisationen und im Vorstand der Bank Gospodarstwa Krajowego (Bank für Landeswirtschaft) in Warschau tätig. In seinem Haus in Stara Miłosna organisierte er geheime Treffen der sozialistischen regierungskritischen Aktivisten. 1939 war er als Kommendant der Arbeiterbrigade zur Verteidigung Warschaus tätig. Während der Besatzungszeit verweigerte er die Unterzeichnung der Volksliste und wurde in deutschen Offizierslagern gefangen gehalten. Nach 1945 kehrte er zu seiner gesellschaftlich-politischen Aktivität zurück und trat der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (kurz PZPR) bei, aus der er später – aufgrund seiner Gesinnung – ausgeschlossen wurde. Er arbeitete in der Bank Gospodarstwa Krajowego (Bank für Landeswirtschaft) sowie als Übersetzer für russische Literatur. Beerdigt wurde er auf dem Powązki-Militärfriedhof in Warschau. Eine Straße im Stadtteil Ursynów wurde nach ihm benannt.

Laura Kenig geb. Przedpełska (geboren 1896 in Warschau, gestorben 1976 ebenda), Marians Ehefrau, stammte aus einer Gutsbesitzerfamilie. Sie war Gärtnerin von Beruf und leitete die Staatliche Versuchsstation zur Heilpflanzenzüchtung in Kłódzienko bei Warschau. Während des zweiten Weltkriegs versteckte sie in ihrem Haus in Stara Miłosna Juden, u.a. den berühmten Bakteriologen und Immunologen Prof. Ludwik Hirszfeld. Sie wurde ebenfalls auf dem Powązki-Militärfriedhof in Warschau beigesetzt.

Jan Kenig (geboren 1896 in Warschau, gestorben 1989 in Poznań), Sohn von Stanisław Jan und Matylda geb. Zwolińska, war Garten-Ingenieur und Absolvent der Marian Rychłowski-Schule (später T. Reytan-Gymansium) sowie der Warschauer Naturwissenschaftlichen Universität. Er diente in der Akademischen Legion, kämpfte im Dritten Schlesischen Aufstand (im Nachrichtendienst) und war Reserve-Unterleutnant der Polnischen Armee. In den zwanziger und dreißiger Jahren war er Lehrer an Landwirtschaftsschulen (u.a. in Podzamcze Chęcińskie bei Kielce und in Chwałowice bei Iłża). Während des zweiten Weltkriegs verweigerte er die Unterzeichnung der Volksliste. Nach 1945 wurde er Angestellter der Staatlichen Landwirtschaft (kurz PGR) in Stelmachowa bei Tykocin, im Alter zog er nach Poznań. Er wurde auf dem kommunalen Friedhof in Poznań beerdigt.

Józef Antoni Kenig (geboren 1897 in Warschau, gestorben 1940 in Katyń), Sohn von Stanisław Jan und Matylda geb. Zwolińska, diente in der Akademischen Legion, kämpfte im Dritten Schlesischen Aufstand und war Reserve-Kapitän der Polnischen Armee. Er war Beamter in Szczuczyn. 1939 wurde er vom Innenministerium der UdSSR (kurz NKWD) festgenommen, in Kozielsko inhaftiert und 1940 in Katyń ermordet. Dort liegt er begraben.

 

Mikołaj Getka-Kenig

 

Das Wappen der Kenigs

 

Józef Kenig (1821-1900), Sohn von Teofil, nach einem Porträt von Władysław Podkowiński , ca.1890 (aus der Sammlung des Historischen Museums...

 

Salomea Kenig geb. Palińska (1831-1873), Ehefrau von Józef, nach einem Porträt von Karol Miller, 1873 (aus der Sammlung des Historischen Museums...

 

Denkmal des Jan (Iwan) Kenig (1822-1880), Sohn von Teofil, 2012 in Nischni Nowgorod (Russland) errichtet.

 

Grabinschrift von Józef Kenig (1821-1900), Sohn von Teofil, in der Karmeliterkirche in Warschau (Porträt in Bronze von Teofil Godycki),...

 

Franciszka Józefa Szwykowska geb. Kenig (1825-1896), Tochter von Teofil, Ehefrau des Besitzers der Bienica-Güter im Wilnaer Gebiet (zu sehen...

 

Stanisław Jan Kenig (1864-1926), Sohn von Józef, Fotografie, ca. 1919.

 

Józefa Salomea Keniżanka (ur. 1857), Tochter von Józef (Fotografie mit Widmung für ihren Neffen), Fotografie, ca. 1913.

 

Kinder von Stanisław Jan und Matylda Kenig geb. Zwolińska: (von rechts) Marian Mieczysław, Jan, Józef Antoni, Zofia Salomea, Anna Julia (spätere...

 

Jan Kenig (1896-1989), Sohn von Stanisław Jan, Fotografie, ca. 1919.

 

Hochzeitsfoto von Jerzy Teodor Kenig (1929-1986), Sohn von Jan, und der Barbara geb. Gryf Makowska(1929-2005). Von links Marians Witwe Laura...